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DSB-Initiative
bringt Schwung in die medienpolitische Diskussion
Seit
Jahren dreht sich die Diskussion im Kreis. Die Sportverbände
beklagen mangelnde Vielfalt bei der Abbildung des Sports in den öffentlich-rechtlichen
Fernsehprogrammen und verweisen auf den Staatsauftrag zur
sogenannten Grundversorgung. |
Die
Programm-Verantwortlichen reden den Einschaltquoten das Wort und
behaupten, die Konzentration auf massenattraktive Sportarten sei vom Gebührenzahler
verlangt. Auch die Diskussionsrunde in der Mainzer Staatskanzlei, zu der
der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und Vorsitzende der
Rundfunkkommission der Länder, Kurt Beck, kürzlich Vertreter von
Sportorganisationen, Rundfunkräten und Medien eingeladen hatte, schien in
diesem ewigen Disput nichts Neues zu bringen.
Bis der Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB), Manfred
von Richthofen,
neue, denkbare Wege aufzeigte, als er sagte:

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"Das
Präsidium des Deutschen Sportbundes hat nach Vorarbeiten der
DSB-Medienkommission unter Professor Günther von Lojewski an der Spitze
gerade beschlossen, die Möglichkeiten eines eigenen Sport-TV-Kanals
intensiver zu beleuchten. Wir haben eine Machbarkeitsstudie in Auftrag
gegeben."
Diese Anregung hat Ministerpräsident Kurt Beck spontan aufgegriffen. Für
ihn sei die Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Sportkanals – analog
des Kulturkanals Phoenix – denkbar: "Ich bin bereit, dazu eine
medienpolitische Diskussion zu führen. Ich halte es nicht für
ausgeschlossen, dass so etwas politisch umgesetzt werden kann." |
Manfred von Richthofen hatte zuvor betont, dass sein Vorstoß weder als
Drohung noch als Resignation gegenüber ARD und ZDF zu bewerten sei: "Ich
nenne es Belebung des Geschäfts, an dessen Seriosität ich auch in
Zukunft nicht zweifeln möchte." |
Der DSB-Präsident hatte im Laufe der Debatte an die Traum-Einschaltquoten
erinnert, die die Olympischen Winterspiele von Salt Lake City ARD und ZDF
beschert und "sogar die vielgeschmähten Randsportarten ins Zentrum
des allgemeinen Interesses gerückt haben". Das habe doch gezeigt,
welch unverbrauchtes Potenzial in vielen Sportarten steckt, die noch nicht
überprofessionalisiert und überkommerzialisiert sind. Von Richthofens
Forderungen: "Sportarten selbst für Minderheiten können nicht
dauerhaft und flächendeckend ausgeblendet werden. Sie haben ihre
Daseinsberechtigung auch im Fernsehen. Außerdem muss die Bedeutung des
Sports für die Gesundheit herausgestellt werden, und in einer Zeit eines
aggressiven Verhaltens von jungen Menschen und einer Ich-Bezogenheit müssen
Werte des Sports wie Fairness und Toleranz vermittelt werden." Der
rheinland-pfälzische Innenminister Walter Zuber kritisierte bei den
Fernsehsendern eine "Tendenz zur Verflachung und Boulevardisierung". Es könne
nicht sein, dass der Moderator wichtiger ist als das sportliche Ereignis
oder dessen Hintergründe.
Die Fernseh-Sportschefs Michael Antwerpes (Südwestrundfunk) und Wolf-Dieter
Poschmann (ZDF)
hielten dagegen. "Ich
kenne nicht einen Sportverband, dem es jetzt schlechter geht als vor zehn
Jahren",
meinte Poschmann bezogen darauf, dass selbst kleine Verbände über den
sogenannten 32-er-Vertrag Geld von ARD und ZDF bekommen.
Und Antwerpes befürchtete, dass das Fernsehen häufig zum Spielball der
Kommerzialisierung gemacht werde: "Es
kann nicht unsere Aufgabe sein, gewisse Veranstaltungen am Leben zu
erhalten." Beide
forderten aber die Sportverbände auf, die Kontakte noch intensiver zu
gestalten, noch öfter miteinander zu reden.
Die
Bilanz des Tages zog der gastgebende Ministerpräsident Kurt Beck.
Es müsse auch künftig eine vielfältige Sportberichterstattung in ARD
und ZDF gewährleistet sein, mit der auch sportliche Werte vermittelt
werden, andererseits dürfe auch der Unterhaltungsaspekt nicht zu kurz
kommen. Keinesfalls solle an der Programmautonomie der Fernsehmacher gerüttelt
werden. Wichtig sei es, die Brücke zwischen Leistungssport und
Breitensport und damit die Lebendigkeit des Breitensports zu erhalten. Schließlich
solle die Möglichkeit eines öffentlich-rechtlichen Sportkanals auf jeden
Fall intensiv diskutiert werden.
Anmerkung
und zur Aussage von Wolf-Dieter Poschmann, ZDF:
"Ich kenne nicht einen Sportverband,
dem es jetzt schlechter geht als vor zehn Jahren".
- von Eckhard
Herholz, ehemaliger ZDF Turn-Reporter (1990 - 1994,
DSF-Turnreporter 1994 - 1997):
Es ist
schon eigenartig, wie vergesslich man in der TV-Branche ist!

E. Herholz
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Vor
zehn Jahren schickte man noch ein ganzes ZDF-Equipment zu
den Weltmeisterschaften nach Indianapolis, von dort
übertrug ich einige Stunden lang aus dem dortigen Hoosher
Dome. Zuvor war das ZDF mit eigener Technik in
Öhringen und berichtete gar von der deutschen
WM-Qualifikation.
Im Olympiajahr 92 gab es sogar noch Berichte vom
Freyburger Jahnturnen in der sonntäglichen
Sportreportage- wohl wahr, weil das deutsche Olympiateam
dort in Aktion war. |
>> Dann fand 1992 selbst eine neu eingeführte
Einzel-WM 1992 in Paris seinen Sendeplatz im Aktuellen
Sportstudio und man schickte mich gar mit EB-Team zur Turn-WM 1993 nach Birmingham, wo wir als einziges
TV-Team der Welt z.B. den Reck-Crash des Andreas Wecker
sogar im Training einfingen....!
>> Mehrere Stunden lang
kommentierte ich von einem ZDF-eigenen Reporterplatz vor Ort 1994 von der
Turn-WM selbst aus dem fernen Brisbane.....!
Im Jahr 2002 jedoch war das ZDF nicht einmal mehr bereit, Reisekosten von
Mainz nach Cottbus zum Weltcup auszugeben, geschweige denn für
die Bilder zu bezahlen. Trotzdem mutet es nahezu wie eine
"Gottesgabe" für die Veranstalter an, dass das ZDF
wenigsten noch 6 Minuten (!!) ins Programm nahm. So konnte man den
immer weniger werdenden Sponsoren, wenigstens überhaupt noch eine
überregionale Fernsehpräsenz dieses hochkarätigsten Turnturnier
des Jahres nachweisen. Die gesamten Produktionskosten (außer
einem geringfügigen Leitungskostenanteil der über Strecke nach
Mainz gesandten Bilder des zweiten Tages) lasten inzwischen auf
dem Veranstalter vor Ort!
Hatte der öffentlich-rechtliche ORB
im Vorjahr noch den Weltcup und Turnier der Meister - im
Sendegebiet das mit Abstand hochrangigste Sportereignis im
Jahresverlauf - selbst
produziert und ins Programm genommen, verlangten der TV Sender vom
Veranstalter in diesem Jahr die vollen Produktionskosten von über
50.000 EUR, ohne aber diesen Wettkampf ins Programm nehmen zu
wollen, bzw. dafür - wie branchenüblich - zu bezahlen. Das
Argument von ORB-Sportchef, "...es sei dies im
Vorjahr eine der teuersten Produktionen gewesen, die mit einigen
zehntausend Zuschauern aber die schwächste Quote gebracht
hätte...!" Einleuchtend...? Aber nur, wenn man diese Quote
nicht hinterfragt: Dieses Turnevent wurde damals im Rahmen einer
ausgewiesenen Fußballsendung und in deren Aktionspausen förmlich
"versendet". Dort, wo also der Fußballfan in
"seiner" Sendung aufsteht, sein Bier holt oder zur
Toilette geht - dort rast natürlich die auf die einzelnen Breaks
ermittelte Quote zwangsläufig in den Keller! Schlimm ist nur,
dass man diese Quotenkeule unkritisch den Betroffenen um die Ohren
schlägt; schlimm ist auch, dass man diese Argumente auf der
Betroffenenseite nicht kompetent und offensiver und kritischer
hinterfragt!
(Der ORB nahm dann doch den Cottbuser Weltcup 2002 an beiden Tagen
wenigsten in sein regional-empfangbares Spätabendprogramm (23.55
Uhr, bzw. 22.35 Uhr). Die Hauptproduktionskosten lasteten jedoch
auf den Schultern des Turnierdirektors Sylvio Kroll und seiner
Crew, der längst nicht mehr weiß, wie solche Situationen
künftig finanztechnisch zu bewältigen sind. (E.H.)

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Wegen
der zu hohen Kosten hatte sich erstmals ein durch die
Agentur GYMmedia unter Ltg. des Fernseh-Profis Eckhard
Herholz formiertes TV-Equipment
"GYMmedia-TV" gebildet, dass die
Übertragungen mit hoher Qualität
absicherte. |
Das
internationale Signal wurde in Form der Aufzeichnungen
beider Wettkampftage mit allen notwendigen Einblendungen
und Zeitlupen der schwedischen Rechteagentur IEC
insports übergeben.
Im Vorjahr stellte der Verkauf dieser Cottbuser Bilder an
weltweit über 70 Länder bzw. TV-Sender ein sehr gutes
Geschäft dar. (gymmedia) |
Anmerkung:
Wenn dem so ist - wieso haben die Ausrichter bzw.
Veranstalter so wenig davon, dass sie selbst die
Weiterführung ihrer Wettkampftraditionen akut in Frage
stellen müssen?
Diese letzte Frage ist dann wohl eher auch in
die Richtung der die internationalen Fernsehrechte im
Turnbereich besitzenden bzw. makelnden FIG gerichtet. Aus
dortigen Funktionärskreisen jedoch ist zu hören, dass
man mit den aus den TV-Rechten fließenden Fernsehgeldern
höchst zufrieden sei, es also wegen der damit guten
Finanzlage keine Gründe zu Veränderungen gäbe...
Ob man dort überhaupt schon gemerkt hat, dass z.B. der
Weltcup-Modus im Turnen vor allem wegen seiner
konservativen medialen Präsenz in den letzten Zügen
liegt...?
Veränderungsabsichten in allen Ehren, leider sind sie
medial unausgereift (siehe UEG-Bemühungen 2001 mit der
sog. Team-EM in Riesa) bzw. nur halbherzig und
unzureichend (Turn-WM Gent) und treffen nicht den Kern der
Sache.
Eine der ältesten olympischen
Disziplinen muss ihr Prozedere und ihre Strukturen
generell in Frage stellen! Es besteht schon lange die
Gefahr, dass es sonst und schmerzhaft andere tun!
(Eckhard
Herholz) |
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