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Kommende Woche versammeln sich die
Aufständischen in Kienbaum, um an Reck und Ringen zu turnen. Die
Vorbereitung auf einen Länderkampf gegen Weißrussland steht an, aber ob
sich im brandenburgischen Idyll eine friedliche Arbeitsatmosphäre
entwickeln kann, muss bezweifelt werden. Die Riege des Deutschen
Turner-Bundes (DTB) opponiert gegen ein Verbandskonzept, sie rebelliert
gegen den Vizepräsidenten und sie hat den Nationaltrainer aus dem Amt
gejagt.
Kampfesstimmung!
Tom Neubert, Sven
Kwiatkowski, Coach Henry Vogel
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Ende
August, beim letzten Trainingslager in Kienbaum,
erläuterten Vizepräsident Eduard Friedrich (Rostock),
Sportdirektor Wolfgang Willam (Frankfurt a. M.) und der damalige
Cheftrainer Rainer Hanschke (Cottbus) ihr Vorhaben, bis Olympia
2004 die 14 besten Turner an zwei Stützpunkten, in Berlin und
Stuttgart, zusammenzuziehen. In den Ohren der Athleten klang das
wie ein sturer Marschbefehl: "Sie haben uns behandelt wie die
Kinder", sagt der 25 Jahre alte Sergej Pfeifer (TK Hannover).
Der Widerstand der Sportler gegen die Umzugspläne war so massiv,
dass der Cheftrainer zurücktrat.
Kurz
darauf reisten Kaderathleten aus ganz Deutschland nach
Berlin, um mit DTB-Präsident Rainer Brechtken zu diskutieren. Er
strebt für jene, die noch in Halle, Hannover, Chemnitz oder
Cottbus trainieren, eine "Lösung in vernünftiger
räumlicher Nähe zu ihrem Umfeld an". Vom Sinn der
"Trainingsgemeinschaften", wie er sie nennt, ist
Brechtken gleichwohl überzeugt: "Aber es wird keiner
erpresst."
Tatsächlich
hat der Verband die Aktion inzwischen sozialverträglicher
konzipiert: Den Betroffenen werde eine Heimfahrt pro Monat
spendiert, kündigte Friedrich an; für den Wohnungswechsel werde
mittels Sporthilfe ein Zuschuss gewährt; die Laufbahnberater der
Olympiastützpunkte sollen auch den Lebensgefährtinnen der
Athleten behilflich sein; es werden Wohngemeinschaften in Berlin und
Stuttgart |
angeboten - und wer eine eigene Unterkunft bevorzuge, erhalte
einen Mietzuschuss. "Es ist in diesem Verband immer viel über die
Verbesserung des Status der Athleten geredet worden", sagt Friedrich:
"Nur über die Verbesserung der Leistung wird zu wenig
nachgedacht."
Seiner Idee
zufolge befördert Zentralisierung des Trainings die Konkurrenz
der Turner - und damit den Leistungswillen. Die Mannschaft des DTB
belegte bei Olympia 2000 Platz zehn. Diese Bilanz muss laut
Friedrich bis Athen dringend verbessert werden, um einer drohenden
finanziellen Rückstufung im Fördersystem des Deutschen
Sportbundes zu entgehen.
Das sehen die Trainer nicht anders, wie Reinhard
Rückriem bestätigt, der in Hannover Sergej
Pfeifer (25) betreut: "Aber ich bezweifle, dass die
Zentralisierung eine wahnsinnige Leistungsexplosion bewirkt."
Der Landestrainer glaubt, dass ein Wohnortwechsel auf die Athleten
eher leistungsmindernd wirkt, so lange sie sich noch nicht
eingelebt haben. Pfeifer beispielsweise arbeitet zwei Tage pro
Woche bei VW - dass er die Stelle nicht aufgeben will, ist
verständlich; der DTB hat ihm angeboten, mit der Firma über die
Fortzahlung der vollen Bezüge zu verhandeln, auch wenn Pfeifer
nicht mehr in Hannover trainiert. Aber der verweist auch auf seine
renovierte Wohnung, die er nicht aufgeben will für "ein
Experiment". |
Sergej Pfeifer, TK
Hannover
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Sven Kwiatkowski (25),
deutscher Mehrkampf-Meister, glaubt ebenfalls, dass er mit einem Umzug zu
viel aufs Spiel setzt: "Ich turne seit zwanzig Jahren in
Chemnitz", sagte er, "meine Leistungen sind hier entwickelt
worden.
Kwiatkowski, KTV
Chemnitz
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"Er
bezieht sein Gehalt von der Sportfördergruppe der Bundeswehr, er
wohnt mit seiner Freundin zusammen, "und wenn es nicht so gut
läuft im Training, habe ich ein Umfeld, das die Enttäuschungen
wegpuffert". Kwiatkowski gehört zu den vier Turnern, die
sich der Zentralisierung verweigern: "Ich will keine
Konfrontation", sagte er: "Aber ich will auch nicht
anderthalb Jahre nach Berlin."
Friedrich kann Kwiatkowski
verstehen - nur ersparen, sagte er, könne er ihm nicht, dass sein
Leben unbequemer wird: "Ich werde den Plan bis zum Ende
meines Mandats zu verwirklichen versuchen." |
Auf Gegenliebe stößt das nicht:
Niedersachsens Turnerbund will den Rücktritt des Vizepräsidenten
fordern.
Barbara Klimke
(Quelle: Berliner Zeitung vom 18.09.02;
Hervorhebungen,und Bildunterschriften: gymmedia
Fotos: Andreas Seidel, Chemnitz/ gymmedia)
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