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24-02-2000

INTERVIEW MIT ANKE SCHÖNFELDER:

"Der erste Gesamtdeutsche Meistertitel hat wohl doch eine
historische Dimension..... "

Eckhard Herholz im Gespräch mit ...      
Anke, im Gespräch.jpg (18455 Byte)
Anke Schönfelder   

 

Anke Schönfelder war die letzte Junioren-Turnmeisterin der DDR und ist als erste gesamtdeutsche Turnmeisterin Anfang der neunziger Jahre in die Geschichte eingegangen.
Sie stand in der vorerst letzten deutschen Olympia-Frauenturnriege 1992.

Sie galt nicht nur in Fachkreisen als die Elegante, die Schöne, ihrer Zunft: In ihren Bewegungen zeigte sie viel von ihrer Persönlichkeit.Anke hat heute sportlich mit Alba Berlin zu tun, arbeitet zur Zeit journalistisch und hat grosse "choreographische" Pläne für einen neuen Arbeits- und Lebensabschnitt in Afrika.....!

..

1989 - Letzte DDR-Juniorenmeisterin (Mehrkampf und 3 Geräte, 2. Sprung)
          (3). DDR-Meisterschaften "ausser Konkurrenz" (weil noch Juniorin)
1990 - Europameisterschaften Athen (41.Mk), Weltcup Brüssel (17.Mk)

1991 - Erste Gesamtdeutsche Mehrkampfmeisterin (1.Balken, 2.Boden,  
                                                                                                   3.Barren)
        - Weltmeisterschaften Indianapolis, 10. Team
1992 - Deutsche Meisterschaften (2. Mk, 1.Boden, 2.Balken, 3.Barren)
        - Olympische Spiele Barcelona, (10.Team)

1994 - Deutsche Meisterschaften Hamburg (3. Balken, 3. Boden)
        - Weltmeisterschaften Dortmund  (13.Team)

.
. gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Anke, wenn Du zurückblickst - wie würdest Du den Anfang Deiner Karriere     
                    beschreiben?

Anke:   Angefangen hat es bei mir 1980 im damaligen TZ (Trainingszentrum) Berlin-Hohenschönhausen bei Frau Biesel und Frau Heger. Besonders erinnere ich mich an die wunderschönen Trainingslager, in Biesenthal und in Baabe, an der Ostsee. Furchtbar allerdings waren für mich die Ausdauerläufe - Cross, Hindernisläufe und solche Dinger... Turner laufen eben nicht gerne!

Anke, so fing's an!.jpg (34900 Byte)
So fing's an: Berliner Trainingsgruppe 1984,
mit Jana Höwler, Catrin Handwerg, Anke Schönfelder, Norina Szameit, Kathrin Hahn

Und dann die Winterlager... Johanngeorgenstadt,... ooch, war das für mich ein Greuel: Erst Silvester immer nicht zu Hause und dann diese ewige Konditionierung, die habe ich gehasst - obwohl ich heute weiss, wie wichtig genau dieser Ausgleich damals körperlich für uns war.
Und 1984 kam ich dann an die Kinder- und Jugendsportschule (KJS) und zum damaligen SC Dynamo Berlin. Ich hatte es ja nicht weit von zu Hause: 20 Minuten mit der Strassenbahn. Und es war ein gewisses Privileg, zu Hause wohnen zu dürfen, obwohl ich zwecks "Kollektivbildung" unbedingt ins Internat zu den anderen sollte. Da hatte sich aber meine Mutter quergestellt ("... sonst habt ihr eben keine Anke") - und sie hat sich  (zum Glück) durchgesetzt!

Schon ganz zeitig hatte Klein-Anke Kontakt mit der Weltspitze:
- Sie trainierte im erfolgreichsten Frauen-Kunstturnclub der Siebziger und achtziger Jahre - Dynamo Berlin -

und:
- Ein Olympiasieger bereitete das Turnküken 1984 auf ihre erste Spartakiade vor: Roland Brückner - Boden-Olympiasieger von 1980.

.

Klein-Anke und Olympiasieger Roland Brückner.jpg (19371 Byte)

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Beschreibe doch mal das Training der "kleinen Anke"!

Anke:  Wenn ich zurück blicke, waren das schon harte, manchmal sehr harte Zeiten. Noch heute staune ich über mich selbst, wie ich trotzdem alles gemeistert habe, was ich an Schwierigkeiten überwunden habe, das hat mich im positiven Sinne absolut geprägt. Ich sehe das heute an meiner Schwester: Was die nicht machen will, das macht die nicht. Ich muss aber sagen: Ich habe das nicht als Zwang empfunden!
Furchtbar ist es, wenn Aussenstehende - vor allem oberflächliche Medien - sich über's Kunstturnen auslassen! Wer jemals mit Kindern trainiert hat, der weiss: Die zweifellos immer angestrebten "100%", die kann man mit Kindern gar nicht unter Zwang oder Druck erreichen, die man unserer Sportart allzuoft unterstellt.

.
gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Wie war das aber mit den im Turnen doch so      
                   schwierigen Elementen....?

Anke:  Eigentlich lief das problemlos, weil man uns didaktisch und methodisch gut geführt hat - Berlin war ja schliesslich das (welt-) berühmteste Frauenkunstturnzentrum mit Spitzentrainern....!
Allerdings hatte ich persönlich am Balken beim Abgang "Rondat-Doppelsalto" immer ein flaues Gefühl, ich weiss auch nicht warum. Ich habe dann bewusst versucht, das durch grössere Wiederholungszahlen abzubauen, 'is mir aber bis zuletzt nie ganz gelungen.

Anke, beim Erinnern...jpg (23288 Byte)

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Anke Schönfelder fiel immer durch schöne Bewegungen auf, sie war die "Elegante"
                    mit hoher Ausstrahlung. Woher kommt das?

Anke:  Das ist wohl die Art, wie ich eben bin, vielleicht auch ein wenig genetisch bedingt. Eine spitzenmässige Choreographie kann da wohl nur noch veredeln, aber die Anlage, das Talent, das muss man mitbringen, glaube ich. Ich habe wohl davon etwas im Blut.

1989: Weggefährtinnen...
Anke: Im DDR-Team 89.jpg (24425 Byte)
Diana Balzer, Heike Krüger, Sybille Kunze, Anke Schönfelder

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Soweit zu deinen Anfängen. Wann ging dann die
                     leistungssportliche Karriere so richtig los?

Anke:  Das war 1989 zu den letzten DDR-Meisterschaften der Geschichte, im damaligen Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) - ohne das wir wussten, dass es die letzten sein sollten. Damals waren wir noch Junioren, die Diana Schröder und ich, und trotzdem hatten wir da sensationellerweise in der Pflicht geführt! Und nach der Kür war ich immer noch Dritte - das war furchterlich peinlich für die damals "Grossen", die Etablierten, wie Bärbel Wielgos, Antje Wilkenloh, Annett Bleil... . Man hat uns dann aber als "ausser Konkurrenz" und unter "ferner liefen" geführt, aber das war für mich der Moment, wo ich das erste Mal glaubte: Anke, jetzt kann's losgehen, und tatsächlich,   nur 1 Jahr später turnte ich dann erstmal auch international bei den Europameisterschaften in Athen - der letzte Auftritt der Turn-DDR bei einer EM. Ich war dann auch dabei beim allerletzten Länderkampf im September 1990 gegen die Schweiz.


gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Wie siehst Du aus heutiger Sicht die Ereignisse
                    der politischen Wende?

Anke:  Das war schon irgendwie eigenartig: Eben noch DDR-Riege, DDR-Hymne beim Länderkampf, und schwupps, hatten wir nur 7 Tage später ganz andere Sachen an. Im Trikot der Bundesrepublik startete ich als deutsche Turnerin beim Weltcup in Brüssel... aber eigentlich habe ich das damals in seiner ganzen Tragweite als 15Jährige noch nicht so richtig geschnallt...!

Anke, 1.Gesamtdeutsche Meisterin.jpg (19202 Byte)

anke_urkunde.jpg (18239 Byte)

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Diesen Ereignissen verdankst Du aber einen
                     einmaligen Status in der Turngeschichte...!

Anke:  Meinen Sie die Deutschen Meisterschaften? Ja, ich glaube schon, dass der Mehrkampftitel 1991 in Bergisch-Gladbach als 1. Gesamtdeutsche Meisterin vor der Geschichte etwas Besonderes ist, den kann man mir nicht nehmen; und - das werde ich auch nichr vergessen - ich war letzte Junioren-Meisterin der Ex-DDR!

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Und 1 Jahr später standest Du in Barcelona in der
                    bislang letzten deutschen Olympiariege...!

Anke:  Ach ja, noch heute ist mir dieser dämliche Sturz am Stufenbarren so peinlich! Der ist ja von den Medien auch fürchterlich oft durchgereicht worden, von "Bitte lächeln..." bis  "Verstehen Sie Spass..."! ist das als Kuriosum dargestellt worden. Niemand hat sich eigentlich darum gekümmert, was das für  m i c h   für ein furchtbarer Moment war, wie dieser Bauchklatscher psychisch weh getan hat. Physisch habe ich überhaupt nichts gemerkt, denn eigentlich war diese Breitseite die perfekteste Art der schmerzfreien Bauchlandung einer Turnerin, tausendmal geübt, aber emotional...! Ich hätte rausrennen und mich verstecken können...!

Anke in Barcelona. '92.jpg (16908 Byte)

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte):  Und wie man weiss, hast Du damit lange Zeit Deine Probleme gehabt!

Anke:  Ja, das war wohl der Auslöser zu meiner allerersten Krise in meinem Leben - aber auch meiner (bislang) letzten. Dann gab es da noch eine völlig verpfuschte Handoperation, gleich nach dem olympischen Frust von Barcelona und ich habe mich zunächst total zurückgezogen - keine Lust mehr auf Athletiktraining. Erstmals rebellierte ich: Ich kann, ich will nicht immer schön sein, immer gut, zu allen freundlich, immer gut 'drauf...!  Es war wie ein Schneeballeffekt und schwupps, lief ich mit 15 kg Übergewicht 'rum. Ich habe ein ganzes Jahr gebraucht, um da wieder heraus zu kommen.

Anke: ..aus der Krise!.jpg (18451 Byte) gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): ... und wie ging das?

Anke:  Ich bemerkte da plötzlich, wie die Kleinen im Training dolle Sachen machten und ich zu grübeln anfing: Das kann doch wohl nicht sein..., .... und ich soll bei Olympia gewesen sein? Abhängen ist eh' nicht meine Art, und dann hat mich mein Trainer Wolgang Riedel wieder aus dem persönlichen Schlamassel förmlich 'rausgezogen und daran bin ich als Persönlichkeit gewachsen - eine meiner grössten Leistungen im Leben, bisher! Das Comeback erfolgte dann 1994 zur Deutschen Meisterschaft im Rahmen des Deutschen Turnfestes in Hamburg. Und obwohl ich dort "nur" 2x Dritte geworden bin, war mir das mehr wert, als jeder zuvor gewonnene Titel. Niemand hatte noch mit mir gerechnet. Auch in der Pflicht konnte ich wieder präsentieren, nach 3 Geräten führte ich sogar. Das war für mich  d e r  AHA-Effekt: Ich kann's packen! Für mich war das aus psychologischer Sicht einer meiner grössten Siege.

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Damit hattest Du dich nicht nur wieder ins Gespräch gebracht, sondern Du standest
                    im gleichen Jahr im Herbst in der deutschen WM-Riege von Dortmund.

Anke:  Im Nachhinein fällt mir auf: Eigentlich wurden wir schon damals förmlich von vielen der Verantwortlichen und von Teilen der Presse "breitgetreten", wenn ich das mal so sagen darf, wie super schlecht wir wären, und so. Wenn man das mal mit heute vergleicht...!? Ich persönlich hätte damals nicht geglaubt, wie tief das deutsche Frauenkunstturnen noch sinken sollte.

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Gab es denn nur einen traurigen Abschied vom Leistungssport, damals?

Anke:  Nein, absolut nicht. Besonders schön empfand ich nach den WM '94 das herrliche Erlebnis DTB-Turn-Gala! Ich hatte da ganz enge, auch menschliche Kontakte zu Swetlana Boginskaja und zu Oxana Tschussowitina, die z.B. meine Bodenübungen gut fanden, sich sogar für meine Musik interessierten, das war damals so eine türkische Gute-Laune-Musik. Das waren immerhin die Weltstars des Kunstturnens...und auch mit Magdalena Brzeska harmonierte ich gut in dieser leider kurzen Zeit der Tour. Und man durfte auch mal mehr als nur 3 Worte mit den Männern sprechen, das war zuvor auch kaum möglich. Ich erinnere mich da an Sergei Charkow, der hat mich zum Beispiel am Boden trainiert, schliesslich war der mal mit 18 Jahren (Seoul '88) Olympiasieger! Oh, ja, das war eine schöne Zeit und ein herrlicher Karriereabschluss.
Solche  Erlebnissen sollte man heute den Turnerinnen mehr und bewusster in ihren Karrierenaufbau einfügen, das motiviert unendlich!

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Dann aber hast Du schlagartig mit dem aktiven
                    Leistungssport aufgehört!

Anke:  Ja, aber nur was das Kunstturnen betrifft. Im Februar '95 bin ich über den Aufruf des legendären Potsdamer Jugendsender "FRITZ-RADIO" zu einem "Try out" gekommen, und zwar zum Basketball-Team Alba Berlin, genauer gesagt zum "Alba-Berlin Dance-Team". Wir tanzen während der Spiele, bzw. in den "Time-outs und in der Halbzeit. Bitte nicht mit Cheerleading verwecheln - also keine irgendwelchen Sprechgesänge oder so. Wir zeigen wirklich Dance, Funky, Hipp Hopp, und auch Tumbling, da kann ich meinem "Turnaffen" noch mal so richtig Zucker geben.

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte):   Und wie sehen Deine weiteren beruflichen Pläne aus?

Ich war bereits 2 Jahre in Afrika, je 1 Jahr in Namibia und in Südafrika und dadurch habe ich natürlich beste Kontakt sowohl zum Turnen als auch in Richtung Choreographie. Mit einer Freundin zusammen werde ich ab Sommer 2000 in Swakopmund (Namibia) eine Tanzschule eröffnen,  s i e  mit Schwerpunkt Standard- und Lateinamerikanische Tänze,  i c h  in die Richtung Modern Danze, Jazz Dance, Hipp Hopp, Funky ... die Nachfrage und der Bedarf sind dort riesig! Zudem bin ich noch an der Humboldt-Uni in Berlin eingeschrieben und belege dort Kurse in Germanistik/Afrikanistik und studiere - momentan im Fernstudium - an der UNISA   (University of South Africa) Pretoria.

Heute im Alba-Dance-Team:
Anke und Annett Bleil, Freundinnen!.jpg (18002 Byte)
Anke (re) mit der ehemaligen DDR-Turnerin Annett Bleil

Die Zeit bis zur Abreise nach Afrika nutze ich zu journalistischer Weiterbildung: Als Volontär bei GYMmedia mache ich mich mit moderner Kommunikation via Internet vertraut - da hat dann die Agentur ab Sommer eine Afrika- und   Namibia-Korrespondentin!
Besonders freue ich mich dabei auf meinen ersten GYMmedia-Einsatz Ende März zum Grand Prix in Cottbus!

gymmediaonline_kl.jpg (6904 Byte): Na dann, auf gute Partnerschaft, und: Danke - Anke!

(Das Gespräch für GYMmedia führte Eckhard Herholz
Berlin, 23-02-2000)

(Lesen Sie auch das Interview mit Gabi Weller (Heuchelheim, z.Zt. USA),
Anke's langjähriger Teamgefährtin ...
     .... und zu den deutschen Turnhoffnungen 2000 Gritt Hofmann  und  Katja Abel (beide SC Berlin).

 

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