18. June 2007
Frauenfeld / Schweiz
Gerätturnen
Favoriten behaupten sich am Eidgenössischen Turnfest
Kaeslin und Capelli siegen in Frauenfeld
Zwei Monate nach dem folgenreichen Aufstand der Turnerinnen gegen den Nationaltrainer hat Ariella Kaeslin in Frauenfeld ein starkes Zeichen gesetzt und überlegen das Eidgenössische Turnfest gewonnen.
Im Wettbewerb der Männer siegte Claudio Capelli klar.
Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) fand es bemerkenswert, wie die 20-jährige Ariella Käslin, eine der Hauptbeteiligten am Aufstand gegen den Cheftrainer Eric Demay im Frühling, mit der schwierigen Situation umging und dem beträchtlichen Druck standhielt.
Kaeslin wollte eine gewisse Belastung wegen der Vorgeschichte um die Entlassung ihres Cheftrainers Eric Demay nicht verleugnen. Bis auf den letzten Sprung in ihrer letzten Übung (ein Doppelsalto gebückt am Boden) unterliefen ihr keine groben Fehler, und mit einem Total von 57,50 Punkten erzielte sie eines ihrer besten Resultate. Dieses hätte an den EM in Amsterdam, von denen die Turnerinnen vom Verband ausgeschlossen worden waren, für den sechsten Rang gereicht. Entsprechend war Kaeslin auch sehr zufrieden mit ihrer Leistung - erst recht angesichts der kurzen Vorbereitungszeit von nur vier Wochen. Gesunder Konkurrenzkampf Am Turnfest zeichnete sich ab, dass die unerfreulichen Ereignisse einen leistungsfördernden Effekt ausgelöst haben - oder zumindest einen gesunden Konkurrenzkampf.
Die Juniorinnen, die mit Demay weitermachen wollten und deshalb verärgert waren, setzten die Elite-Turnerinnen in Frauenfeld massiv unter Druck.
Die 15-jährige Yasmin Zimmermann verwies trotz missglückten Starts die etablierte Danielle Englert, die Turnfestsiegerin von 2002, auf den dritten Platz. Und Carina Fürst (6.) und Linda Stämpfli (8.) mussten Nachwuchsturnerinnen den Vortritt lassen. Die Stimmung innerhalb der Gruppe sei mittlerweile viel besser, sagte Kaeslin.
Mit neuem Schwung nach Deutschland zur WM
Das sei vor allem das Verdienst von Wolfgang Bohner.
Dem 49-jährigen Deutschen der in früheren Jahren auch einmal als deutscher Auswahl-Chef die bundesdeutsche Riege zu Olympia und WM führte und der Demay vor einem Monat ersetzt hat, ist es in kürzester Zeit gelungen, das Team wieder zusammenzuführen.
Unter Hauptverantwortung von Fabien Martin, der gleichzeitig die Juniorinnen führt, arbeitet Bohner nun seit 16. Mai in temporär begrenzter aber 100%iger Anstellung mit der Schweizer Elite.
Am heutigen Montag fand nochmals eine Aussprache statt, dann gilt die Aufmerksamkeit den WM in Stuttgart, wo es im September um die Olympia-Qualifikation geht, die Bohner als sehr ambitioniertes Ziel vorgibt.
Dafür müssten die Schweizerinnen den 12. Platz erreichen!
Ihr bisher bestes Resultat stellte ein 17. Rang dar. Werden die Schweizerinnen mindestens 15., könnten sie zwei Einzelturnerinnen nach Peking entsenden.
Männer: Fischer in den Spuren von Capelli
Nicht so überlegen wie Kaeslin, aber immerhin mit einem ganzen Punkt Vorsprung, gewann der Favorit Claudio Capelli das Duell gegen Niki Böschenstein.
Der Berner, der vor zweieinhalb Jahren jüngster Schweizer Meister wurde, ist nun im Alter vor 21 Jahren auch einer der bisher jüngsten Turnfestsieger. Der BTV-Turner lag nach vier Geräten klar in Führung, musste am Barren Böschenstein aber bis auf einen halben Punkt herankommen lassen, ehe er mit einer sauberen Reckübung alles klar machte.
Die Überraschung des Turniers war der 17-jährige Lucas Fischer, der hinter Roger Sager (missglückter Tkatschew am Reck) den vierten Platz belegte.
Andy Schweizer, der Bruder von Roman Schweizer, der 2002 in Liestal das Turnfest gewann, und einer der Mitfavoriten, musste wegen einer Infektion am Handgelenk kurzfristig forfait geben.
Quelle: stv, nzz